Sprachstörungen:
•
Sprachentwicklungsstörung
•
Wortschatzstörung / Wortabrufstörung
•
Dysgrammatismus
•
Sprachverständnisstörung
Sprach- und Sprechstörungen bei Kindern
Die Faktoren für die Entstehung einer Sprach- oder Sprechstörung bei Kindern sind sehr
vielfältig. Meist kann der Störung kein einzelner Auslöser zugeordnet werden, sondern es ist
ein Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren. Häufige Ursachen für Störungen sind
•
Beeinträchtigungen des Gehörs (z. B. durch
häufige Mittelohrentzündungen)
•
Muskelschwäche im Bereich der Mundmotorik
(Zungen-, Lippen-, Kiefermuskulatur)
•
Schädigung des Nervensystems vor, während
oder nach der Geburt (z. B. Rötelnerkrankung
der Mutter, Sauerstoffmangel bei der Geburt,
…)
•
allgemeine Entwicklungsverzögerungen
•
genetische Erkrankungen (z. B. Down –
Syndrom)
•
Fehlbildungen oder Verletzungen im Mund-
oder Gesichtsbereich (z. B. Lippen – Kiefer –
Gaumenspalte)
Sprechstörungen:
•
Dyslalie
•
Phonologische Störung
•
Verbale Entwicklungsdyspraxie
Sprachstörungen bei Kindern
(frühe) Sprachentwicklungsstörung
Die ersten Wörter äußert ein Kind normalerweise um
den ersten Geburtstag herum. Der Wortschatz wächst
im nächsten halben Jahr eher langsam und steigt ab
einem Alter von ca. 18 Monaten meist sprunghaft an
(Wortschatzexplosion).
Im Alter von zwei Jahren sollte das Kind mindestens
50 Wörter sprechen und zwei Wörter kombinieren.
Bleibt die Wortschatzexplosion aus, ist dies ein frühes
Zeichen einer Sprachentwicklungsstörung. Dem Kind
fehlen aufgrund des mangelnden Wortschatzes die
Möglichkeiten, Sätze zu bilden. Das Kind versucht,
sich mittels Blickkontakt, Zeichensprache oder
unverständlichen Lautäußerungen mitzuteilen.
Im weiteren Verlauf der Sprachentwicklung ergeben
sich Probleme im Wortschatz, in der Grammatik, im
Sprachverständnis (siehe unten). Häufig ist die
Sprachentwicklungsstörung auch mit einer
Sprechstörung (siehe unten) kombiniert. Die Störungen
in den einzelnen Bereichen können unterschiedlich
stark ausgeprägt sein. Das Kind entwickelt mit der Zeit
meist ein Störungsbewusstsein, das bedeutet, es
nimmt seine Defizite wahr. Eine
Sprachentwicklungsstörung hat meist auch die
Beeinträchtigung außersprachlicher Bereiche zur Folge.
Kinder, die nicht verstanden werden, reagieren oft
aggressiv oder ziehen sich zurück. Neben den sozialen
Auffälligkeiten wird bei diesen Kindern im Schulalter
häufig eine Lese - Rechtschreib - Störung
diagnostiziert, die aus der Sprachentwicklungsstörung
resultiert.
Deshalb ist eine frühzeitige Behandlung der Sprachentwicklungsstörung wichtig. Dabei wird
bereits bei zwei- bis dreijährigen Kindern versucht, den Wortschatz spielerisch zu erweitern.
Ich behandle Sprachentwicklungsstörungen in unserer Praxis in Anlehnung an folgende
Therapieansätze:
•
Ganzheitlich orientierte Sprachtherapie nach Zollinger
•
Patholiguistisches Therapiekonzept bei Sprachentwicklungsstörungen nach Kauschke &
Siegmüller (PLAN, PEF, DYSTEL,…)
•
Behandlung des Dysgrammatismus nach Schlag
•
Handlungsorientierter Therapieansatz HOT nach Weigl & Reddemann-Tschaikner
Wortschatzstörung / Wortabrufstörung
Eine Störung des Wortschatzes kann sich auf
unterschiedliche Weisen zeigen: Das Kind spricht für sein
Alter zu wenige Wörter, es benutzt allgemeine
Beschreibungen (z. B. „Das Dings da soll da rein“), es
benennt ungenau (z. B. „Tiger“ statt „Löwe“), es
„erfindet“ auffallend häufig Wörter (z. B. „Zumacher“
statt „Knopf“), es spricht Wörter ungenau aus (z. B.
„Fohlte“ statt „Fohlen“). Oder dem Kind fallen selbst
alltägliche Wörter nicht ein, was sich darin zeigt, dass
das Kind den Satz abbricht und neu beginnt oder
unvollendet lässt. Möglicherweise umschreibt es das
Wort, sucht danach oder äußert sich direkt zu dem
Problem (z. B. „Das fällt mir jetzt nicht ein.“ oder „Wie
heißt das noch mal?“). Ebenso kann ein Kind, das viele
Bezeichnungen für Dinge, Tätigkeiten usw. nicht kennt,
Schwierigkeiten im Sprachverständnis (siehe unten)
bekommen. Eine Störung des Wortschatzes kann
isoliert, oder in Verbindung mit einer Sprachentwicklungsstörung auftreten.
Je nach Art der Wortschatzstörung plane ich die Therapie unterschiedlich. Mögliche
Therapieformen sind
•
Erweiterung des Wortschatzes z. B. mit Bilderbüchern, handlungsorientierte Therapie
•
Differenzierung von Wörtern mit ähnlichem Klang z. B. Aufzeigen des klanglichen
Unterschiedes zwischen den Wörtern „Fohlte“ und Fohlen“
•
Differenzierung von Wörtern mit ähnlicher Bedeutung z. B. Unterschiede zwischen Mücke,
Spinne, Biene, Ameise, … erarbeiten
•
Training des Wortabrufes nach dem patholinguistischen Ansatz von Siegmüller/ Kauschke
•
Erarbeitung von Ersatzstrategien z. B. Umschreibungen, Beschreibung der Wortform
•
Inputtherapie nach Siegmüller/ Kauschke
•
Wortschatzsammler-Therapie nach Motsch
Dysgrammatismus
Eine frühe Form des Dysgrammatismus ist das
Ausbleiben von Zweiwortsätzen, die zwischen 18
und 24 Monaten auftreten sollten. In der weiteren
Sprachentwicklung fallen unkorrekte Sätze auf, in
denen die Wörter nicht in der richtigen Reihenfolge
im Satz stehen (z. B. „Ich Tee trinken will.“) oder
grammatische Funktionswörter einfach
ausgelassen werden
(z. B. „Ich gehe Kindergarten.“). Später scheint es
oft so, als hätte ein Kind die Entwicklung
aufgeholt, da es nun korrekte Sätze spricht, bei
näherer Betrachtung ist jedoch festzustellen, dass
das betroffene Kind stets die gleichen Satzmuster
verwendet und Probleme bei Verständnis und
Konstruktion komplexerer Sätze hat, wie sie z. B.
beim Verstehen von Textaufgaben oder beim
Schreiben von Aufsätzen benötigt werden.
Ebenso kann sich der Dysgrammatismus in fehlerhafter Mehrzahlbildung (z. B. Tellers, Dache, …),
falschen Vergangenheitsformen (z. B. ich sehte) oder Fallmarkierungen (z. B. Ich fahre mit der
Roller) zeigen.
Da der Dysgrammatismus meist im Rahmen einer Sprachentwicklungsstörung auftritt, wird er von
uns mit den dort genannten Therapiemethoden behandelt.
Sprachverständnisstörung
Sprachverständnisstörungen bleiben im Alltag häufig unbemerkt. Die Kinder erschließen sich die
Bedeutung der Worte aus dem situativen Zusammenhang oder imitieren das, was andere Kinder
tun. Ein mögliches Zeichen für eine Sprachverständnisstörung ist es, wenn ein Kind eine Auf-
forderung mit „Ja“ oder einem Nicken bestätigt, jedoch dann keine angemessene Handlung folgen
lässt. Es entsteht eventuell der Eindruck, das Kind ist verträumt oder ist uninteressiert.
Sprachverständnisstörungen haben weit-
reichende Auswirkungen auf die
Sprachentwicklung und die weitere schulische
Laufbahn. Daher ist eine entsprechend
frühzeitige Abklärung und gegebenenfalls
Therapie wichtig.
In der Therapie der Sprachverständnisstörung
orientiere ich mich an dem grundlegenden
Defizit des jeweiligen Kindes. Bei manchen
Kindern ist ein Aufbau des Wortschatzes nötig,
anderen Kindern hilft das Aufzeigen von
grammatischen Unterschieden mit Bildern z. B.
„Welcher Junge malt (gerade)?“ - „Welcher
Junge hat (schon fertig) gemalt?“ oder „Wo
spielt sie?“ – „Wo spielen sie?“. Häufig fließt
auch das Training der zentral – auditiven Wahr-
nehmung und Verarbeitung (siehe dort) in die Sprachverständnistherapie mit ein.
Ebenso rege ich das Kind dazu an, sich zu äußern und nachzufragen, wenn es etwas nicht
verstanden hat. Das Kind soll lernen, zu sagen, woran das Missverstehen gelegen hat, z. B., dass
es ein bestimmtes Wort nicht kennt, oder dass es den Anfang des Satzes nicht gehört hat.
Ein wichtiger Faktor ist hier auch die Elternarbeit. Einerseits um aufzuzeigen, dass das Kind in
manchen Situationen nicht stur oder desinteressiert ist, sondern dass es wirklich oft nicht
versteht. Andererseits auch, um mit den Eltern Strategien zu erarbeiten, die die Kommunikation
mit dem Kind erleichtern.
Sprechstörungen bei Kindern
Dyslalie – Störung der Lautbildung
Das Kind kann einen oder mehrere Laute nicht aussprechen. Der Laut wird entweder
ausgelassen (z. B. „Bot“ statt „Brot“), durch einen
anderen Laut (z. B. „Blot“ statt „Brot“) oder ein ähnlich
klingendes Geräusch (z. B. „s“ mit der Zunge zwischen
den Zähnen) ersetzt.
Die Therapie besteht darin, das Gehör für den Klang
des Lautes zu schulen, den korrekten Laut anzubahnen
und die Übernahme des Lautes bis in das spontane
Sprechen zu trainieren.
Dabei arbeite ich mit der Artikulationstherapie nach
Van Riper, dem Konzept der bewegungsunterstützten
Lautanbahnung und setzen Inhalte aus den TAKTKIN® – Programm nach Birner-Janusch
ein.
Der Beginn einer Dyslalietherapie hängt von der Anzahl der nicht beherrschten Laute,
sowie vom jeweils fehl gebildeten Laut ab.
Eine Artikulationsstörung hat keinen negativen Einfluss auf den Schriftspracherwerb!
Phonologische Störung – Störung der Lautunterscheidung
Phonologische Störungen können einen oder mehrere Laute betreffen. Obwohl das Kind
den Laut meist sprechen kann, wird er nicht oder nur selten angewendet. Das Kind hat die
„Bedeutung“ dieses Lautes noch nicht erfasst, das heißt, ihm ist noch nicht klar, in welche
Wörter dieser Laut eingesetzt werden muss. Das Kind ersetzt den betroffenen Laut durch
einen ähnlichen bzw. es lässt ihn ganz
weg. So kommt es vor, dass ein Kind den
Laut „k“ zwar bei dem Wort „Käfer“
spricht, bei dem Wort „kochen“ jedoch
„tochen“ sagt. Der Schwerpunkt der
Therapie bei dieser Störung liegt bei
Hörübungen. Dem Kind wird der Laut
bewusst gemacht, indem es ihn aus einer
Reihe anderer Laute heraushören soll. Das
Heraushören erfolgt mit Steigerung des
Schwierigkeitsgrades (Laut, Silbe,
Mehrsilber, …). Parallel dazu wird der
Einsatz des Lautes bis in das spontane
Sprechen trainiert. Von mir eingesetzte
Therapieformen für phonologische
Störungen sind die Psycholinguistisch
orientierte phonologische Therapie nach
Fox (POPT), Minimalpaartherapie, Metaphontherapie nach Jahn.
In manchen Fällen spricht das Kind dieselben Wörter immer wieder unterschiedlich aus, so
dass selbst Eltern ihr Kind kaum verstehen. Bei dieser inkonsequenten Störung wird dem
Kind der Aufbau von Wörtern bewusst gemacht. Das bedeutet, das Kind soll lernen, dass
jedes Wort aus bestimmten Lauten besteht und diese Laute auch in einer bestimmten
Reihenfolge gesprochen werden müssen. In meiner Praxis erfolgt die Therapie dieser
Störung durch die Methode nach McGinnis, die mit Buchstabenunterstützung arbeitet.
Weiterhin werden oben genannte Therapieansätze der phonologischen Störung
angewendet.
Phonologische Störungen gelten als Risikofaktor für den Schriftspracherwerb! Daher sollte
die Therapie mit etwa dreieinhalb bis vier Jahren beginnen!
Verbale Entwicklungsdyspraxie
Bei der verbalen Entwicklungsdyspraxie gelingt es dem Kind kaum, Wörter korrekt auszu-
sprechen. Der Sprechbeginn eines betroffenen Kindes ist meist verzögert. Wenn das Kind
versucht zu sprechen, führen die - vom Gehirn gesteuerten - Sprechorgane nicht die
gewünschten Bewegungen aus. Dadurch ist das Sprechen für das Kind sehr anstrengend.
Das Kind zeigt Lautfehlbildungen und Suchbe-
wegungen und versucht durch den verstärkten
Einsatz von Mimik, Gestik und Betonung ver-
standen zu werden. Die verbale Entwicklungs-
dyspraxie behandle ich mit dem Therapie-
ansatzen TAKTKIN® oder in Anlehnung an
McGinnis. Dabei unterstützt die Therapeutin
das Sprechen des Kindes mit den Fingern.
Durch die Berührung und Führung der Lippen,
des Kiefers und der Zunge wird die
Wahrnehmung des Kindes für die
Sprechbewegungen gefördert. Zusätzlich
fließen Therapieinhalte aus der
Dyslalietherapie, sowie aus der
phonologischen Therapie mit ein.
Aufgrund der für das Kind oft belastenden Problematik sollte die Therapie auch hier
spätestens mit 4 Jahren beginnen.